Tourismus zwischen Dübener Heide und Elbe – die Dahlener Heide als unentdecktes Tafelsilber -der Bericht der OAZ

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Ist die Dahlener Heide „unentdecktes Tafelsilber“? Darüber diskutierten am Montagabend auf Einladung des Kreisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen Touristiker und Politiker im Schmannewitzer Ferienhotel „Wiesenhof“. Zwar gebe es eine lange Tradition als Feriengebiet, aber dennoch kämen nicht so viele Gästen wie in die Dübener Heide oder zum Elbradweg, so die Ausgangslage. „Wir haben auf gewissen Strecken noch Nachholbedarf“, stellte Moderatorin Barbara Scheller, Landtagskandidatin der Grünen im Wahlkreis 36, fest.

Wertschöpfung für Bevölkerung

Eine Situation, die Rocco Buchta nur zu gut kennt. Er hat den Nationalpark Westhavelland mit aufgebaut, in einer Region, in der vor 25 Jahren nicht besonders viel los war. „Heute ist das Havelland eine der bekanntesten Reiseregionen mit seit Jahren wachsenden Besucherzahlen“, bilanzierte er. Dass man dabei auch immer den Nutzen für die Bevölkerung im Blick haben müsse, unterstrich Thomas Kleppel, Leiter des Naturparks Dübener Heide. „Tourismus ist ein Mittel zum Zweck für die Lebensqualität der Bevölkerung.“ Wenn man Radwege bauen und Gastronomie entwickeln wolle, müsse immer die Frage „Was hilft es den Leuten vor Ort?“ beantwortet werden.

Personal fehlt für Angebote

Claudia Großert hat als Inhaberin des „Wiesenhofs“ langjährige Erfahrung beim Entwickeln von Angeboten für Touristen. Mittlerweile habe man sich am Markt durchgesetzt und viele zufriedene Gäste, doch nun gibt es ein neues, drängendes Problem: „Wir sind an dem Punkt, wo sich alles zurückentwickelt, weil wir die Angebote mit dem vorhandenen Personal nicht mehr aufrecht erhalten können.“ Erste Häuser hätten bereits schließen müssen, weil Personal fehle und man dem Ansturm der Gäste nicht mehr gerecht werden könne. „Wozu soll ich noch Tourismus entwickeln, wenn mir das Personal fehlt?“ brachte sie es auf den Punkt. „Dass Arbeitskräfte fehlen, höre ich auch von Handwerkern oder Dienstleistern“, bestätigte Barbara Scheller.

Jugendliche ohne Abschluss

Gerade in diesem Zusammenhang sei es nicht nachzuvollziehen, dass man das Potenzial der Zuwanderung nicht nutze: „Es ist schade, wenn die Leute in Heimen sitzen, die Wand anstarren und nicht arbeiten dürfen.“ Wolfram Günther, grüner Spitzenkandidat zur Landtagswahl, verwies darauf, dass immerhin acht Prozent der Jugendlichen in Sachsen keinen Abschluss haben. „Das können wir uns schlichtweg nicht leisten“, kritisierte er. Damit auch junge Menschen in ländliche Regionen kommen, hier arbeiten und Verantwortung übernehmen, müssten diese attraktiv sein. Dazu gehöre etwa schnelles Internet und gute Infrastruktur.

Ortsdurchfahrt bleibt Dauerbrenner

Bei letzterem Punkt stöhnten die Schmannewitzer unter den Zuhörern auf. Grund: Seit über 25 Jahren warte man auf die Erneuerung der Ortsdurchfahrt. Von einer Umgehung, die das Heidedorf entlasten könnte, ganz zu schweigen. „Wir brauchen gute Straßen und Radwege, da muss man auch mal in die Natur eingreifen“, so eine Forderung aus dem Publikum. Dagegen wehre man sich gegen den geplanten Bau der Rettungswache in der Wiesenaue und dagegen, dass im Regionalentwicklungsplan die Umgebung als Gebiet für Windräder ausgewiesen ist – beides verschandele die Dahlener Heide und laufe dem Tourismus zuwider.

Diskussion um Windräder

„Wir alle brauchen Strom, das gehört zur Ehrlichkeit dazu“, entgegnete Wolfram Günther. Die Zukunft der Dahlener Heide werde sich nicht daran festmachen, ob hier ein Windrad steht. Aber: „Sie haben ein Recht, bei der Planung genau hinzuschauen“, meinte er mit Blick auf die Beteiligung. „Wir waren uns alle einig, dass im Naturpark Dübener Heide kein Windrad gebaut wird“, blickte Thomas Klepel zurück, „und da die Kommunen ein Mitspracherecht bei der Planung haben, hat das geklappt.“

Mit Naturpark-Idee gescheitert

Mit der Idee, die Dahlener Heide zum Naturpark zu machen, sei man in den 1990er-Jahren „kläglich gescheitert“, musste Karl-Heinz Trudel, Stadtrat aus Schmannewitz, eingestehen. „Damals fehlte das Interesse des Kreises und jemand, der das mit aller Macht vorangetrieben hat.“ Insgesamt sei man touristisch vor 15 Jahren schon einmal besser aufgestellt gewesen. Deutlich besser als heute: „Wir sind bestimmt der einzige Erholungsort, der keinen Spielplatz hat. Da fehlt der Wille der Stadt“, sagte er. Dahlen sei leider eine sehr träge Kommune, beschrieb Claudia Großert ihre Erfahrungen. So würden selbst einfachste Dinge wie zusätzliche Bänke im Ort fehlen, auf denen sich vor allem ältere Gäste, die nicht mehr gut zu Fuß sind, ausruhen könnten.

Dennoch entwickle sich immer wieder Neues in der Dahlener Heide, lobte Uta Schmidt und nannte als Beispiel den Holzweg, der jüngst ausgewiesen wurde. „So etwas finde ich fantastisch.“

Von Jana Brechlin

Wolfram Günther, Spitzenkandidat Bündnis 90 / Die Grünen  in  Sachsen

Barbara Scheller  Direktkandidatin Wahlkreis 36  Bündnis 90 / Die Grünen