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Am 09.März 2015 fand in Torgau in der Gaststätte „Herr Käthe“ eine Gesprächsrunde zum Thema Denkmalschutz und Stadtentwicklung am Beispiel von Torgau statt. Eingeladen dazu hatte der denkmalpolitische Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktion Wolfram Günther.

Dem war eine Besichtigung des Schlosses Hartenfels und eine Gesprächsrunde mit Verantwortlichen der umfangreichen Restaurierungen des geschichtlich hochinteressanten Bauensembles vorangegangen. (siehe Foto)

Das Spektrum des abendlichen Stammtischgespräches erstreckte sich von der hohen Verantwortung Torgaus ob seines großen Bestandes an historischen Gebäuden, besonders auch in Bezug zur Reformationszeit, bis zu tatsächlichen und avisierten Fördermöglichkeiten in Gegenwart und Zukunft.

Dabei nahm auch das Potential breiten Raum  ein, was historische Bausubstanz bietet um das soziokulturelle Leben in Kleinstadt- und ländlichen Strukturen zu stärken und positiv zu beeinflussen. Außerdem wurde über die Wechselwirkungen zwischen Denkmalpflege und Energieeinsparverordnung (ENEV) und über Lösungsansätze dieses scheinbaren Widerspruchs diskutiert.

Es waren Vertreter der Unteren Denkmalschutzbehörde, interessierte Mitarbeiter der Stadtverwaltung, deren Betätigungsfeld stark mit Denkmalpflege konfrontiert ist, Stadträte aus Torgau und Schildau sowie interessierte Bürger, die selbst Denkmale bewohnen, sowie Vertreter der Interessengemeinschaft zum Erhalt der Pretzscher Bahnstrecke und des Pro Rad- Vereins Torgau gekommen.

Resümierend waren sich alle darüber einig, das technische- und Baudenkmale sowie deren Unterhalter mehr finanzielle Unterstützung verdienen, als  es derzeit Praxis ist. Außerdem hat das Erhalten historischer Substanz mehr positive Auswirkungen auf Stadtentwicklung und menschliches Zusammenleben hat, als  es auf den ersten Blick scheint. Torgau ist eine lebendige Denkmalsstadt.

Das Ziel der Veranstaltung ist erreicht: es wurden neue Bekanntschaften geknüpft und Anregungen zu stärkerer Zusammenarbeit gegeben.

Matthias Schulze,  Stadtrat Schildau


Verlust an gebauter Kultur und Heimat ist erschreckend

Wolfram Günther, MdL: Allein in den letzten zwölf Monaten gingen 16 Kulturdenkmale endgültig verloren, 35 weitere Abrisse genehmigt

Dresden. Im Landkreis Nordsachsen sind seit dem Jahr 2000 178 Baudenkmale abgerissen worden. In ganz Sachsen waren es mehr als 4.500 Baudenkmale. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) hervor.

“Die Größenordnung dieses unwiederbringlichen Verlusts an gebauter Kultur und Heimat ist erschreckend. Die Städte und Gemeinden im Landkreis Nordsachsen haben ein gewaltiges Entwicklungspotenzial verloren”, erklärt Wolfram Günther, Sprecher für Denkmalschutz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag.

“Der Landkreis Nordsachsen weist einen großen Reichtum an Bauzeugnissen vergangener Epochen auf, deren Bewahrung von hoher gesellschaftlicher Bedeutung ist. Die Anzahl der geschützten Kulturdenkmale im Landkreis belief sich zum 24. November 2014 auf nur noch 3.788. Der Abrisstrend ist dabei ungebrochen: Allein in den vergangenen zwölf Monaten gingen 16 Kulturdenkmale endgültig verloren. Aktuell liegen im Landkreis Nordsachsen bereits weitere 35 Genehmigungen für Abrisse bzw. Teilabrisse von Kulturdenkmalen und ein weiterer in der Abwägung befindliche Anträge auf Abriss vor.”

Seit dem Jahr 2000 wurden im Landkreis Nordsachsen 4,5 Prozent der dortigen Kulturdenkmale abgerissen.

Im Landkreis Leipzig gab es mit 8,8 Prozent die höchste Abrissquote im Freistaat. Die geringsten Verluste waren in der Stadt Dresden zu verzeichnen. Dort ging die Anzahl der Kulturdenkmale nur um ein Prozent zurück.

Der höchste Bestand an Kulturdenkmalen findet sich im Landkreis Görlitz mit 14.525. Die Stadt Leipzig verfügt mit 14.114 Denkmalen über den zweithöchsten Denkmalbestand.

“Trotz der Rettung zehntausender Kulturdenkmale in den vergangenen Jahren befinden sich ganze Denkmalgruppen in einem dramatischen Zustand. Dies betrifft sowohl verstärkt die technischen Denkmale als auch die Gruppe der Schlösser, Gutshäuser und ländlichen Anwesen. Einem guten Denkmalschutzgesetz steht jedoch in Sachsen mangelnde finanzielle Förderung entgegen”, kritisiert der Abgeordnete Günther.

“Die finanziellen Mittel des Bund-Länder-Programms ‘Städtebaulicher Denkmalschutz’ wurden in den vergangenen fünf Jahren in Sachsen von jährlich 73,5 Millionen Euro auf 41,5 Millionen Euro gekürzt. Für das sächsische Landesprogramm für den Erhalt von Kulturdenkmalen standen 2009 noch zwölf Millionen Euro zur Verfügung. 2014 war dem Freistaat dieses Programm nur noch fünf Millionen Euro wert.”

“Diese Kürzungen können auch nicht durch weitere 1,4 Millionen Euro für Sachsen aus dem neuen Sonderprogramm Denkmalschutz des Bundes oder durch das unterstützenswerte Sofortprogramm zur Förderung der Umgebindehäuser mit einem jährlichen Finanzvolumen von 0,5 Millionen Euro kompensiert werden. Vor allem engagierte private Denkmaleigentümer werden mangels ausreichender Förderung allein gelassen. Schon jetzt reichen die Zuschüsse nicht aus, um für wichtige Denkmale zumindest ein Minimum an Förderung bereitzustellen. Wenn aber weder saniert noch gesichert werden kann, drohen zunehmend Verfall und Abriss. Diese Entwicklung muss dringend korrigiert werden”, fordert Günther.

“Hier erwarte ich von CDU und SPD ein klares finanzielles Bekenntnis in den anstehenden Haushaltsverhandlungen. Wir GRÜNEN wollen die sächsischen Förderzuschüsse für Denkmale verdoppeln. Wir schlagen eine Finanzausstattung von jährlich zehn Millionen Euro für das sächsische Landesprogramm für den Erhalt von Kulturdenkmalen vor. Unseren Schutz benötigen nicht nur die bekannten Sehenswürdigkeiten, sondern gerade die vielen kleinen Denkmale, die in ihrer Summe die geschichtliche Entwicklung Sachsens nachvollziehbar und erlebbar machen.”

“Mangelnde finanzielle Unterstützung beim Denkmalschutz schadet auch der heimischen Wirtschaft. Es sind Tausende Handwerker, Architekten, Beschäftigte in Bauunternehmen, Restauratoren, die einen wichtigen Teil des Bauwirtschaftsgewerbes ausmachen. Jeder Euro an staatlicher Denkmalförderung zieht ein Mehrfaches an privaten Investitionen nach sich”, argumentiert der Abgeordnete.

Kleine Anfrage Wolfram Günther “Aktuelle Anzahl der sächsischen Kulturdenkmale und Verlust an Kulturdenkmalen seit dem Jahr 2000” (Drs. 6/274): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=274&dok_art=Drs&leg_per=6&pos_dok=202

Zum Vergleich die Abrisse der vergangenen zwölf Monate aus: Kleine Anfrage Karl-Heinz Gerstenberg “Anzahl der sächsischer Kulturdenkmale und Abriss von unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden” vom 27.08.2013 (Drs. 5/12592)