Pflegeangebote im ländlichen Raum – was geht, was fehlt? Bericht der Oschatzer Allgemeinen Zeitung vom 17.11.

Pflege auf dem Land: Herausforderung bei Angeboten und Pflegepersonal
Im Dialog mit dem Volkmar Zschocke (Grüne) / Liebschützberg setzt auf Seniorenbetreuer

Diskutierten in Wellerswalde über Pflege: Der Grünen-Politiker Volkmar Zschocke, der Liebschützberger Bürgermeister David Schmidt und Yvonne Miedl, Inhaberin des Pflegedienstes Drexler (v.l.). Foto:  U. Schmidt

Wellerswalde. Die Pflege von Menschen steht in den nächsten Jahren vor einer besonderen Herausforderung, erst recht im ländlichen Raum. 2030 wird es bundesweit 3,6 Millionen Pflegebedürftige geben. „Zur gleichen Zeit werden uns in Deutschland rund 350 000 Pflegekräfte auf Grund der Bevölkerungsentwicklung in den nächsten Jahren fehlen“, erklärte Landtagsabgeordneter Volkmar Zschocke auf einer Diskussionsrunde zum Thema „Pflegeangebote im ländlichen Raum – Was geht, was fehlt?“ am Donnertagabend in Wellerswalde mit Einwohnern der Gemeinde Liebschützberg. Mit ihm gemeinsam diskutierten der Liebschützberger Bürgermeister David Schmidt und die Inhaberin des regionalen Pflegedienstes Drexler Yvonne Miedl und berichteten aus ihren täglichen Erfahrungen im Umgang mit dem Thema in der Praxis.

Liebschützberg und Wellerswalde waren nicht zufällig gewählt, denn die Pflege im ländlichen Raum steht dabei vor besonderen Herausforderungen. Allein in der Gemeinde Liebschützberg beträgt der Anteil der über 65-Jährigen derzeit 23 Prozent. Die Betroffenen wollen und sollen so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld bleiben, bei ihrer Familie, in ihrer Nachbarschaft, bei ihren kleinen täglichen Aufgaben. Doch irgendwann geht das nicht mehr. Es folgt derzeit nicht selten eine lange Suche nach einer geeigneten Einrichtung oder die Organisation der Pflege durch Angehörige. Zudem fehle es gerade auf dem Lande zunehmend an Pflegekräften. „Wir Grünen haben deshalb eine ganze Reihe an Vorschlägen erarbeitet und bei uns in Sachsen eingebracht“, erklärte Zschocke. Doch es dauere zu lange, bis sich etwas ändert. Die Grünen hätten sich zum Beispiel mit Fragen wie „Was kann im Umfeld der Pflegebedürftigen verbessert werden? Wie können Angehörige bei der Pflege entlastet werden? Wie können Menschen für Pflegeberufe gewonnen und das Image dieser Berufssparte verbessert werden?“ beschäftigt. Der Landtagsabgeordnete und seine Mitstreiter sind überzeugt, dass beispielsweise auch manche Verordnung wie das Betreuungs- und Wohnstätten-Gesetz geändert werden müsse, um neue Wohn- und Betreuungsformen vor allem auch in kleineren Einheiten im ländlichen Raum schaffen zu können. Auch das Beratungsnetz müsse ausgebaut werden. Ein Netz, unabhängig von Pflegekassen. Aber auch Themen wie öffentlicher Nahverkehr, Versorgungsstrukturen müssten kritisch betrachtet werden, wenn es um die Pflege gehe. Die Grünen seien überzeugt davon, dass man den in der Pflege Tätigen mehr Beachtung schenken müsse. Das reiche vom Gesundheitsmanagement bis zur eigenen berufsständischen Interessensvertretung wie etwa einer Pflegekammer um etwas für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu tun.

Bürgermeister David berichtete, dass sich seine Gemeinderäte erst kürzlich zum Fortbestand der „Seniorenbetreuer“ bekannt hätten. Das sei wichtig, damit es Möglichkeiten zum Treffen bei gemeinsamen Veranstaltungen, die Organisation von Informationsmöglichkeiten und anderes mehr für die Senioren gebe. Klar würde er sich freuen, wenn es auch in seiner Gemeinde ein Seniorenheim gebe. Als Bürgermeister ein solches kommunal zu bauen und zu bewirtschaften, das übersteige die Möglichkeiten einer Kommune. Er habe schon etliche Heiminvestoren herumgeführt, aber deren Standortentscheidung ist von knallharten Faktoren wie Nähe zu Dienstleistungen und Einkaufsmöglichkeiten abhängig.

Aus der Sicht der Pflegenden schilderte die Inhaberin des Pflegedienstes Drexler Yvonne Miedl die Lage. Gutes Personal zu finden, sei schwierig. Sie bildet selbst aus, gibt auch Seiteneinsteigern eine Chance und fördert deren Qualifizierung. 21 Mitarbeiter arbeiten in ihrem Pflegedienst. Sie habe festgestellt, dass es den Mitarbeitern nicht nur darauf ankomme, Geld zu verdienen. Es müsse auch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeitszeit und Freizeit bestehen. Derzeit bestünden auch bei ihr mehrwöchige Wartezeiten, bis Pflegeleistungen übernommen werden können. Sie habe für sich und im Interesse der Mitarbeiter Grenzen bei der Neuaufnahme zum Schutz gesetzt.

Miedl unterstütze, dass für das Image des Pflegeberufes etwas getan werden müsse, das sei ihr auch bei Besuchen in regionalen Schulen bewusst geworden, wo sie für ihren Beruf warb. Viele Dinge wurden in Wellerswalde diskutiert. Das ist gut, ändert aber noch nichts, deshalb hat die Politik noch viel zu tun. Gut, wenn sie dabei vor Ort wie in Wellerwalde mit den Menschen redet, sich ein Bild von der Lage macht. Nur so können dann Vorschläge zur Veränderung in der Realität folgen.