Nitrat im Delitzscher Grundwasser – Zusammenhänge, Wirkungsweisen und Strategien – der Bericht

Wolfram Günther, Abgeordneter des sächs. Landtages für Bündnis 90 / Die Grünen durfte wieder auf die Fachkunde von Herrn A. Musolff, Abt. Hydrologie am UFZ Leipzig und Herrn Dr. Wagner von den Wasserwerken Leipzig und Geschäftsführer des Wassergutes Canitz bauen. Beiden  liegt die Sauberkeit unseres lebenswichtigen Gutes Wasser sehr am Herzen. Sie erforschen deshalb beruflich die Dynamik des Wassers und aller Stoffeinträge im Boden bzw. ziehen aus den Erfahrungen und Messungen im landwirtschaftlichen Alltag ihre Erkenntnisse.

Es war auf jeden Fall richtig, die Reihe ´Nitrat im Grundwasser – eine unsichtbare Gefahr´ n Delitzsch fortzusetzen. Denn es gab bei Messungen des VSR Gewässerschutz vom Juni 2017 in und um die Stadt Einzelbrunnen, die bis zu 200 mg/ l Nitrat aufwiesen.

Mengen von über 50 mg/ l Nitrat im Trinkwasser oder zu viel Nitrat auf anderem Wege, z. B. Gemüse und andere Lebensmittel aufgenommen, können Einfluss auf die menschliche Gesundheit haben, wie Dr. Musolff ausführte.

Die Delitzscher Wasserwerke gewinnen ihr Rohwasser aus Tiefbrunnen. Diese ziehen das Wasser aus natürlichen Bodenschichtungen, die in großer Tiefe liegen. Schon deshalb können wir in Deutschland generell davon ausgehen, dass Trinkwasser den vorgegebenen Standards entspricht. Doch die tiefen Wasserspeicher sind vor Jahrhunderten entstanden und werden auch nicht so schnell wieder nachgebildet. Wieder einmal leben wir von Reserven, die vielleicht die nachfolgenden Generationen brauchen.

Es war aber nicht Sinn der Veranstaltung, irgend jemandem die Schuld in die Schuhe zu schieben. Das konnten die beiden Referenten Dr. Musolff und Dr. Wagner anhand vieler Beispiele anschaulich erläutern.Denn die gemessenen Nitratwerte sind auch von den ganz konkreten Bedingungen vor Ort abhängig.

In Ostdeutschland, besonders im nordsächsischen Raum gibt es z. B. relativ wenig Niederschläge. Dadurch werden die Nitrate auch nicht verdünnt bzw. bei Trockenheit nicht in die Biomasse der wachsenden Pflanzen eingebaut.
Die Fließzeiten, mit denen Nitrat im Boden transportiert wird, sind sehr stark von der vorhandenen Bodenart ab. Und die ist regional eben auch sehr unterschiedlich.
Bei lehmig – tonigen Böden, die in tieferen Schichten keinen Sauerstoff mehr enthalten, wird von bestimmten Bakterien dann Nitrat genutzt und damit abgebaut.
Fließrichtungen in tieferen Bodenschichten haben eine eigene Dynamik. Dünger werden nicht überall gleich ausgebracht und auch je nach Witterung von den Pflanzen aufgenommen.
Es ist also ein sehr komplexer Vorgang.

In der Diskussion mit den anwesenden Gästen, unter denen auch der Bundestagsdirektkandiat der Grünen in Nordsachsen, Jörg Bornack, weilte, wurde auch über unsere globale Verantwortung im Nahrungskreislauf, unsere Wegwerfgesellschaft und die Perversion des Handels bzgl. der Maßstäbe an Nahrungsmittel im Aussehen gesprochen. Über Futterimporte und Fleischexporte, bei denen die Gülle auf unsere Böden kommt – in unser Grundwasser. Über unser Kaufverhalten mit der ´Geiz ist geil´- Mentalität, die Masse und billig vor Qualität, Tierwohl und dem organischen Kreislauf angepasst stellt. Über unseren Fleischkonsum und die Vorbildwirkung auf Schwellenländer wie China oder Indien.

Die EU mahnt seit Jahren die schlechte Grundwasserqualität in vielen Gebieten Deutschlands an und droht nun mit empfindlichen Strafen, da sich nichts ändert.

Ein Weg, den Dr. Wagner für erfolgversprechend hält, ist ein gezieltes Management in Grundwassereinzugsgebieten. Ökologischer Landbau auf den entsprechenden Flächen, auch den angrenzenden, wäre für eine langfristige Wirkung der Idealfall.

Doch es geht auch in kleineren Schritten, um die Stickstoffbilanz der Agrarbetriebe in ein Negativ-Saldo zu bringen – sozusagen in eine Situation, in der Pflanzen überschüssigen Stickstoff im Boden entziehen könnten.Im Gebiet wirtschaftende Landwirte sollten Ausgleichszahlungen von Wasserwerken dafür erhalten, dass sie weniger düngen und in Folge dessen weniger Ertrag haben.

Ein Beispiel aus der Region ist die Agrargenossenschaft Hohenprießnitz, die für die Delitzsch-Rackwitzer Wasserwerke eben solche Leistungen erbringt.

Es ist also ein Anfang gemacht.