Der Bericht – Auftaktveranstaltung und Beratungstage Stasi- Unterlagenbehörde

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Der Bericht: Auftaktveranstaltung und Beratungstage Stasi- Unterlagenbehörde

Schon die randvoll besetzte Schaltwarte im E-Werk Oschatz zeugte vom Interesse und der Brisanz des Themas der Arbeit der Staatsicherheit der DDR, die vor fast 30 Jahren endete.

Letzten Endes wurden aber alle Erwartungen der Organisatoren vom Grünen Kreisverband und dem E-Werk  sowie der Behörde selbst übertroffen: an 4 Beratungstagen sahen sich fast 1000 Menschen die Ausstellung an und gut 600 Personen  beantragten Einsicht in die Unterlagen.

Vielleicht lag mit daran, dass Herr Bernd Voigtländer, Mitbegründer der Grünen in Oschatz und Grünes Kreistagsmitglied von 1990 – 1998, als Zeitzeuge und Betroffener  eine andere Sichtwiese  auf das Thema darlegte.

Er war in der Kirche und im kirchlichen Ökokreis aktiv und über ihn wurde in seiner Stasiakte auf  150 Seiten berichtet. Vieles war nebensächlich, aber manches hatte große Brisanz und hätte in dem einen oder anderen Fall auch für ihn mit Haft enden können.

Doch er sagt von sich, dass er kein Widerständler war, nein, er hatte einfach Zivilcourage und hat die Dinge dort angesprochen, wo sie hingehörten und wo die Entscheidungen getroffen wurden. Dieser Mut hat ihm wohl Respekt auf allen Seiten eingebracht. Er galt als jemand, der Klartext in einer sehr sachlichen Art und Weise redete, mit dem man reden konnte. So ist es wohl nur erklärbar, dass er noch vor 1989 einen eigenen Baubetrieb gründen konnte. Dieser sollte sich der Sanierung der Türme der Oschatzer St. Aegidienkirche – dem weithin sichtbaren Wahrzeichen – widmen. Und auch dafür bekam er materielle Unterstützung von den hiesigen wirtschaftlichen und politischen Entscheidern. Noch zur Wende war die Sicherung gefährdeter Teile abgeschlossen.

Seine Kinder verweigerten Wehrdienst oder konnten nicht studieren.  Es gab also durchaus Konsequenzen seiner Haltung.  Insofern war für ihn ein Wechsel des politischen Systems wichtig – aber er wollte nicht die ´Banane ´. Damit fasst er die Entwicklung nach dem November 1989 zusammen, als es plötzlich nicht mehr um Veränderungen ging, sondern um eine Übernahme der Gebiete durch die BRD.  Die Wahlen im März 1990 bestätigten dann diese Entwicklung durch den Sieg der CDU.

Neben Zeitzeugen von ihm waren auch einige junge Leute gekommen, Menschen, die die DDR aus westlicher Perspektive betrachten,  Menschen, die sich ihrer Vergangenheit stellen wollten. Für sie alle war die anschließende Diskussion sehr offen und konstruktiv. Auch die Leipziger Leiterin der Unterlagenstelle alsauch  Herr Rachowski als Berater für politisch Verfolgte  schätzten diese Veranstaltung als sehr gelungen ein.

Vermutlich lachen sich heute alle Geheimdienste ins Fäustchen – so leicht wie man heute an ganz persönliche Daten von Personen kommen kann, um sie dann irgendwann einmal gegen Sie einzusetzen -da ist sehr sehr viel Zivilcourage im Alltag gefragt, um nicht dem allgemeinen Trend und Zeitgeist zu folgen.  Und vor allem die jungen Leute haben gar kein Gespür mehr dafür.